Vielfalt ist kein Zustand, den man einmal erreicht und dann verwaltet – sie ist ein lebendiger, herausfordernder und zutiefst bereichernder Prozess. Das Wahlprogramm der Grün Offenen Liste Migration (GOLM) für die Integrationsratswahl 2025 steht für diesen Prozess: für das Teilen und Dazulernen, für Vertrauen und Veränderung, für klare Haltung und echte Teilhabe. Unser Ziel ist es, ein Zusammenleben in Köln zu gestalten, das auf Empathie, Solidarität und gegenseitigem Respekt basiert – für alle Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte.
Im Zentrum unseres Programms steht die Überzeugung, dass eine offene Stadt nicht durch Sonntagsreden entsteht, sondern durch konkrete Maßnahmen, gerechte Strukturen und politisches Engagement von unten. Wir treten nicht nur an, um zu kritisieren – wir machen konkrete Vorschläge, wie Köln gerechter, zugänglicher und menschlicher werden kann.
Ein zentrales Thema ist die Verbesserung der kommunalen Verwaltungsstrukturen, insbesondere im Bereich des Ausländeramts. Viele Menschen erleben hier tagtäglich Frustration: unerreichbare Hotlines, monatelange Wartezeiten auf Termine, Unsicherheit über Anträge. Das hat nichts mit fehlender Integration zu tun – sondern mit einem System, das seine Türen zu oft verschlossen hält. GOLM fordert deshalb einen sogenannten „Transparenz-Tacho“, der quartalsweise öffentlich macht, wie lange Menschen auf Termine warten müssen, wie viele Mitarbeitende eingestellt sind und wie sich die Erreichbarkeit entwickelt. Wird es schlechter, braucht es einen Sofortplan. Dazu schlagen wir eine zweisprachige Hotline „Arbeit – Aufenthalt“ vor, mit der schnell und unbürokratisch Fragen zur Verlängerung von Aufenthaltstiteln oder Arbeitserlaubnissen geklärt werden können. Unser Ziel ist klar: Köln soll eine Stadt sein, in der Verwaltung nicht abschreckt, sondern begleitet.
Doch Integration ist weit mehr als Verwaltung. Sie beginnt mit einer Haltung – und diese Haltung heißt Gastfreundschaft. Wer in Köln ankommt, soll sich willkommen fühlen. Das beginnt in der Nachbarschaft, setzt sich in Begegnungsprojekten fort und mündet in internationalen Städtepartnerschaften. Besonders wichtig ist uns dabei die Öffnung in Richtung Süden – also in Richtung Subsahara-Afrika, einer Region, die in der internationalen Städtepolitik oft übersehen wird. Wir wollen eine Städtepartnerschaft auf Augenhöhe und setzen uns für eine entsprechende Machbarkeitsstudie ein. Parallel dazu fordern wir einen Begegnungsfonds, aus dem niedrigschwellig Nachbarschaftsprojekte gefördert werden – besonders in Stadtteilen mit hohem Zuzug. Denn echte Integration passiert dort, wo Menschen sich begegnen, sich austauschen und gemeinsam gestalten.
Auch das Thema Gesundheit nimmt in unserem Programm einen zentralen Platz ein. Es ist ein Menschenrecht – und dennoch erleben viele Kölner:innen mit Migrationsgeschichte strukturelle Barrieren, wenn es um medizinische Versorgung oder psychotherapeutische Unterstützung geht. Besonders Geflüchtete, die häufig traumatisierende Erfahrungen gemacht haben, stehen vor langen Wartezeiten, sprachlichen Hürden und einem Mangel an kultursensiblen Angeboten. GOLM fordert deshalb unter anderem die Einrichtung von „Trauma-Ambulanzen“ für Geflüchtete in Kooperation mit psychosozialen Zentren, den verbindlichen Ausbau muttersprachlicher Therapieplätze sowie ein Schulungsprogramm für sogenannte „Gesundheits-Lots:innen“ aus der Community, die andere Menschen im System begleiten und gleichzeitig strukturelle Probleme an die Verwaltung zurückmelden können.
Ein solidarisches Köln braucht mehr als Gesundheitsversorgung – es braucht eine klare Haltung gegen Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung. Wir setzen uns dafür ein, dass Antidiskriminierungsarbeit gestärkt, dezentralisiert und strukturell abgesichert wird – auch linksrheinisch. Beratungsstellen, die bisher von Projekt zu Projekt arbeiten, sollen eine Sockelfinanzierung erhalten. Parallel dazu wollen wir ein Mentoring-Programm für städtische Mitarbeitende mit internationaler Biografie aufbauen, das gezielt auf Führungspositionen vorbereitet und begleitet. Denn wer Köln mitgestaltet, soll auch in den Führungsetagen der Stadtverwaltung sichtbar sein.
Bildung bleibt der Schlüssel für viele Lebensbereiche – deshalb setzen wir uns für die Förderung von Mehrsprachigkeit, für bilinguale Kitas und für innovative Lernangebote direkt in den Stadtteilen ein. Wir wollen sogenannte „LernLabs“ in Stadtteilbibliotheken fördern, in denen Sprach-Tandems, Elternabende oder digitale Kompetenzen gestärkt werden. Gleichzeitig fordern wir, dass Herkunftssprachen als wertvolle Ressource anerkannt und in Bildungsangeboten gestärkt werden – denn Mehrsprachigkeit ist kein Makel, sondern ein Schatz.
Auch die Perspektiven junger Menschen liegen uns besonders am Herzen. Mehr als die Hälfte aller Kölner:innen unter 18 hat eine internationale Familiengeschichte. Diese Jugendlichen sind nicht „irgendwann Teil der Gesellschaft“ – sie sind es bereits. Was sie brauchen, sind Räume, in denen sie sich sicher fühlen, ernst genommen werden und sich selbst als wirksam erleben. Deshalb fordern wir Safe-Space-Zeiten in städtischen Jugendzentren – exklusiv gestaltet von queeren oder BIPoC-Jugendgruppen. Ebenso wollen wir ein stadtweites Mentoring-Modell für Studierende ausweiten und gezielt migrantische Jugendorganisationen strukturell fördern.
Köln ist eine Stadt des Engagements – doch dieses Engagement ist zunehmend bedroht. Rechte Angriffe, politische Diffamierung und Einschüchterung nehmen zu. Zivilgesellschaftliche Organisationen brauchen Schutz, Rückhalt und schnelle Unterstützung. Deshalb schlagen wir einen „Rapid-Response-Fonds“ vor, aus dem innerhalb von 48 Stunden kleine Beträge für juristische Hilfe, Öffentlichkeitsarbeit oder Sicherheit freigegeben werden können. Zusätzlich planen wir ein jährliches Forum für Zivilcourage, um Best-Practice auszutauschen, Druck auf Politik aufzubauen und das Engagement sichtbar zu machen.
Empathie ist der Kitt, der eine diverse Gesellschaft zusammenhält. Sie beginnt mit einem Perspektivwechsel und der Bereitschaft, zuzuhören. Deshalb fordern wir verpflichtende Antirassismus-Trainings für alle städtischen Mitarbeitenden bis 2028. Darüber hinaus möchten wir den „Miteinander-Preis“ der Stadt Köln zu einer stadtweiten Kampagne ausbauen – mit Videoporträts, Plakaten und Sichtbarkeit für jene, die sich für ein gutes Zusammenleben engagieren.
Nicht zuletzt widmen wir uns den Generationen, die Köln mit aufgebaut haben. Menschen, die als sogenannte Gastarbeiter:innen kamen, Familien gründeten, Häuser bauten und Köln bis heute prägen – sie verdienen eine würdevolle Versorgung im Alter. GOLM setzt sich für einen interkulturellen Pflege-Wegweiser in zehn Sprachen ein, für muttersprachliche Sozialberatung und für mobile Senior:innen-Teams, die direkt in den Veedeln beraten. Altern muss nicht anonym und einsam sein – es kann ein würdiger, sichtbarer Teil unserer Gesellschaft sein.
Unser Wahlprogramm ist kein Katalog an Forderungen – es ist ein Ausdruck unserer Haltung. Es ist eine Einladung an alle Kölner:innen mit internationaler Geschichte, ihre Stimme zu erheben und mitzubestimmen, wie diese Stadt morgen aussieht. Am 14. September 2025 wird gewählt. Lasst uns gemeinsam eine Stadt gestalten, in der Herkunft keine Hürde ist – sondern Teil ihrer Stärke.